Startete von Prudhoe Bay, am Arktischen Ozean Alaskas gelegen, eine 670 km lange Tretroller-Rekord-Tour Richtung Süden bis zum Zielpunkt Livengood/Fairbanks. Es galt bei diesem Rekordversuch, als erster Mensch diesen JAMES DALTON Highway mit einem Tretroller zu bezwingen und dies noch dazu in schnellstmöglicher Zeit zu schaffen. Dieser 670 km lange James Dalton Highway ist der nördlichste Highway des amerikanischen Kontinentes und ist auch noch als North SLOPE HAUL ROAD bekannt. Von diesen 670 km waren nur knapp 100 km asphaltiert; der Grossteil - nämlich 570 km - waren Schotterstrasse bzw. Schotterpiste.
Betreut wurde ich von dieser abenteuerlichen Herausforderung von BIRGIT FRANZ aus Prambachkirchen, die mich bereits das dritte Mal betreute und bereits Routine und Erfahrung hatte. Da gerade zu diesem Zeitpunkt am Beginn des Dalton Highway riesige Waldbrände herrschten, alles in einer Rauchwolke gehüllt war sowie angebrannte Bäume den Highway nur sehr schwer passierbar machten, musste ich zwangsweise Start und Ziel umdrehen und begann mein Rekordvorhaben am Arktischen Ozean in Prudhoe Bay. Hier lag noch teilweise Schnee, und die Temperaturen waren morgens am Gefrierpunkt.
Als ich um 14 Uhr Ortszeit startete, herrschte strahlender Sonnenschein und die Temperaturen lagen bei 10 Grade Plus. Auf staubiger Schotterpiste ging es vorerst 100 km eben dahin. Das Schönste an diesen 1.Tag war neben der beeindruckenden Landschaft ein leichter Rückenwind. Vorbei an rissigen Karibu -Herden ging es mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 17 km/h dahin. Alle 6 Meilen bzw. 10 km wartete meine Betreuerin Birgit mit dem Betreuerfahrzeug auf mich um mich dann mit Flüssigkeit, Elektrolyten und Kohlehydrate zu versorgen. Dies spielte sich den gesamten Verlauf dieser 670 km ab. Um 23.30 Uhr und einer Fahrzeit von 9 1/2 Stunden und 130 zurückgelegten Kilometer gab es meine erste größere Pause - ich döste im Betreuerfahrzeug 4 Stunden. Die letzten 30 km von diesen 130 km hatten es dabei schon in sich und zeigten mir bereits auf, was ich nun ab jetzt und bis ins Ziel erwarten werde - Berg und Talfahrt pur - Anstiege bis zu 3 km lang und mit einer Steigung, als würde es am Glockner gehen waren dabei keine Seltenheit. Erschwerend kam jetzt noch hinzu, dass sich die Fahrbahn in eine Piste verwandelte und ich mit meinem Roller, den ich eigens für diese Verhältnisse baute, sogar trotz viel Bodenfreiheit "aufsetzte".
Obwohl ich am 2.Tag schon 13 Stunden unterwegs war, hatte ich erst 110 km auf meinem Computer verzeichnet; und als ob ich noch nicht mit genug Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, stellte sich auch noch ab diesem 2. Tag der Gegenwind ein und blieb mir auch bis zum vorletzten Tag treu. Zum Glück geht aber hier im Sommer die Sonne nicht unter, und so wurde die Moral doch wieder etwas gesteigert - und ich konnte auch problemlos in der "Nacht" ohne irgendwelche Beleuchtung fahren. Karten hätte man um Mitternacht spielen können, so hell war es, aber ich hatte dazu wahrlich keine Zeit.
Am 3.Tag, wurde ich dann jäh aus meinem, bereits in Trance verfallenen Tretrhythmus, geholt- es gab Bärenalarm. Ein Grizzly war nahe des Highway auf der Futtersuche, und daher war Vorsicht angebracht. Birgit musste mir jetzt mit dem Betreuerbus einige Stunden Begleitschutz geben und fuhr zur Abschirmung neben mir her. Hier in dieser totalen Wildnis musst du mit so etwas rechnen und wir bekamen auch an diesem Tag, bei einer meiner kurzen Erholungsphasen, Besuch von einem solchen Grizzly. Birgit und mir stockte vorerst der Atem, als solch ein Bursche, nur einen halben Meter schnaufend und schwerfällig an unser Zelt vorbeizog. Hoffentlich hatten wir nichts Fressbares in unserem Zelt, dachte ich und fing mit Birgit laut an zu reden, um dem Bären unsere Anwesenheit zu zeigen. Doch so schnell er auftauchte, so schnell war er auch wieder zwischen den Bäumen verschwunden.
Solche Erlebnisse waren schon eindrucksvoll und verschafften mir bei meiner Weiterfahrt zusätzliche Vorsicht und Respekt auf diesem Wildnis- Highway. Dieser Highway wurde erst 1995 dem öffentlichen Verkehr freigegeben und nur wegen der Ölförderung sowie der Ölpipeline hergestellt. Hier bist du oft stundenlang alleine unterwegs und in der Wildnis förmlich gefangen. Am Tag begegnen dir nur großteils die rissigen Trucks, die mich stets in eine Staubwolke "einnebelten", so dass ich oft minutenlang die Hand vor das Gesicht halten musste. Privatverkehr war hier so gut wie nicht vorhanden. Die Truckfahrer waren aber sehr rücksichtsvoll zu mir und fuhren stets langsam und im weiten Bogen an mir vorbei. Stets hupten sie mich mit ihren lauten Signalhörnern an und winkten mir freundlich zu. Einige blieben auch stehen und sahen sich mein Gefährt genau an und staunten, dass so etwas überhaupt möglich ist hier mit so einem Ding diese Piste zu bewältigen. Zu diesen Zeitpunkt war ich die absolute Attraktion auf diesem Highway. Jeder wusste davon und manche knipsten sogar Fotos von mir und dem Roller als Erinnerung.
Nicht erfreut war ich aber stets, wenn ich zu "Baustellen" auf diesem Highway kam, hier wurde die Schotterpiste nur eben gemacht und Erde bzw. Leim dazugemischt. Danach wurde mit einem rissigen Wasserbehälter aufgespritzt und in einer "Leimstrasse" verwandelt. Dicke Furchen waren da die Folge, wenn ein Truck drüberrauschte und auch ich versank förmlich mit meinem Tretroller und kam bei stärkster Anstrengung nur mit etwa 8 km/h voran. Wie auf Kaugummi kam ich mir vor und die Straßenarbeiter meinten, dass es sinnlos wäre, hier zu fahren. Aber ich hatte nicht die Zeit, um so lange zu warten, bis diese Leimschicht getrocknet wäre. Am 3.Tag bekam ich die schlechtere Seite in diesem Nordlandgebiet zu spüren, und es setzten starke Regenfälle - zum Teil auch Eisregen - ein. 12 Stunden hielten diese Verhältnisse nun an, und die Fahrverhältnisse wurden dabei so, als würde ich ein Motorcrossrennen im tiefen Schlamm-Gelände bestreiten. Das Wasser rann mir bereits aus den Schuhen heraus, und die Sonnenbrille hatte nur mehr die Aufgabe, meine Augen von den Dreck -und Sandspritzern zu schützen.
Meine Pausen musste ich jetzt auch sehr kurz gestalten, um nicht allzu viel auszukühlen, war ich ja bis auf die Haut durchgenässt. Bei den oft steilen Abfahrten, bei denen ich bis zu 60 km/h risikoreich (Schlaglöcher, Schotterrinnen usw. ), auf dieser Schotter- und Leimpiste hinunterraste, setzte mir der kalte Gegenwind enorm zu und meine Zähne fingen vor Kälte an zu klappern. Kein Wunder ,denn es war so, als würde man bei 0 Grad unter einer Dusche stehen, da es von meinen Laufrädern wie von einem Wasserschlauch heraufspritzte und das Wasser aus meinen Schuhen herausrann. Obwohl ich an diesem Tag voller Winterbekleidung trug, war das Erwärmen daher schon fast unmöglich. Auch herrschte jetzt gegen Mitternacht in diesem Tundra- Abschnitt eine düstere und beinahe unheimliche Atmosphäre, war ja jetzt die Landschaft in Nebel gehüllt, die Sicht auf 30 bis 50 m eingeengt und ungewöhnlich vorherrschende Totenstille.
Jetzt erst merkte ich, was es bedeutet, hier solch eine Tour zu machen und auch dabei zu bestehen. Hier ist nicht die körperliche Topverfassung entscheidend - hier ist der Wille entscheidend, der Wille durchzuhalten. Trotz diesen widrigen Verhältnissen kam ich gut voran und genoss das Ende der Regenfälle und die wärmenden Sonnenstrahlen, die sich allmählich wieder zeigten. Im letzten Abschnitt sollten meine Betreuerin und ich jedoch noch ein anderes, negatives, Naturereignis erleben - die Moskitos. Tausende dieser Quälgeister überfielen uns jetzt und man konnte keine 3 Sekunden ruhig stehen, um nicht mehrere Stiche abzubekommen. Ich konnte nun nur flüchtig zum Verpflegen stehen bleiben und das Verrichten der Notbedürfnisse wurde zur Qual. Meine Begleiterin musste sogar mit Eis ihre Schwellungen von den Stichen behandeln. Obwohl man verschiedene Mittel gegen diese Plagegeister mithatte, war es trotzdem nicht möglich, dies unter Kontrolle zu bringen. Wenn du mit der Hand durch die Haare fuhrst, war diese voller Blut. Würde man hier einen Menschen nur mit Badebekleidung 1 Stunde lang ungeschützt lassen, so würde dieser nicht überleben. Diese Insekten können in Extremfall innerhalb 3 Stunden eine Kuh töten.
Wenn man aber in nachhinein darüber nachdenkt, so war es für mich sogar ein indirekter Tempomacher, denn wenn ich nicht in Bewegung war oder langsam fuhr, so bekam ich sofort diese Biester zu spüren, also blieb mir nichts anderes übrig als aufs Tempo zu steigen, um den Verfolgern keinen Landeplatz zu genehmigen. Nach 99 STUNDEN und 5 MINUTEN hatte ich es dann geschafft, ich hatte als erster Mensch diesen 670 km langen Wildnis- Highwaybewältigt und somit bereits meinen sechsten Tretroller-Weltrekord erreicht. Gesamt gesehen habe ich auf dieser Distanz durch das ständige Auf und Ab ca. 10 mal den Großglockner gemacht und trotzdem diese kräfteraubende Tour auf widrigen Fahrverhältnissen schneller bewältigt als ich es vorerst geplant hätte. Abgekämpft, erschöpft und um einige Kilos leichter ging es dann aber in Siegerstimmung befindlich in ein Trapperquartier zum Erholung.